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Beitrag vom 23.08.2017
Lilly Among Clouds - Aerial Perspective
Silvy Pommerenke
Englischsprachiger Pop aus deutschen Landen. Die Wahl-Würzburgerin Elisabeth Brüchner, die sich hinter dem Bandnamen Lilly Among Clouds verbirgt, bietet auf ihrem Debut-Album alles, was das musikalische Herz begehrt: tiefsinnige Texte, melancholische Melodien, akustische Klänge und eine Stimme zum Niederknien!
Diese liegt irgendwo zwischen Lana del Rey, Agnes Obel und Elena Tonra (der Leadsängerin der englischen Indie-Folk-Band Daughter). Aber natürlich bleibt jeder Vergleich unzulänglich, da Lilly ihre ganz eigene und individuelle Art des Gesangs hat. Dabei hat sie nie Unterricht genommen und in einem Interview verrät sie nach einigem Zögern, dass dies ihrer Stimme und dem eigenen Stil wohl eher zuträglich war, denn "wenn man für sich selbst herausgefunden hat, was sich mit einer Stimme alles machen lässt und wie das geht, dann bist du freier in deinen Entscheidungen". Dass sie scheinbar frei in ihren Entscheidungen ist, wird letztendlich auch in ihrer Musik deutlich, die so gar nichts mit dem musikalischen Pop-Geschehen heutiger Tage gemein hat. Lilly wählt einen fast schon anachronistischen - überwiegend akustischen – Musikstil, der handgemacht ist und ehrlich rüberkommt. Ohne viel Geschnörkel, dafür mit ganz viel Emotionen.
Mit "Aerial Perspective" präsentiert Lilly nun ihr Debut-Album, nachdem sie bereits im September 2015 eine EP herausgebracht hat (von der alle Songs auf dem aktuellen Debut wiederzufinden sind), 2014 den Preis für junge Kultur der Stadt Würzburg gewann und mindestens seit 2011 unter dem Namen "Lily Among Thorns" aufgetreten ist. Als Senkrechtstarterin kann sie also nicht bezeichnet werden, aber glücklicherweise ist sie dabeigeblieben und hat sich vor allem ihren eigenen Vorbehalten gestellt. Denn sie sagt von sich selbst, dass sie kein "Mittelpunktmensch (ist). Das war nie ein großer Traum von mir, Sängerin zu werden und auf der Bühne zu stehen". Wie gut, dass sie diesen nicht vorhandenen Traum dennoch umgesetzt hat!
Das Album enthält durchweg großartige Songs, von denen hier nur einige exemplarisch herausgegriffen werden sollen: "Mother Mother" geht dank Lillys fragil-brüchiger Stimme tief unter die Haut, wird nur sparsam vom Klavier begleitet und im Verlauf des Songs durch Schlagzeug und Cello ergänzt. Lilly braucht nicht viel, um Emotionen zu transportieren. "Blood & History" erinnert vom Piano-Solo-Intro her stark an Philipp Poisel "Ich will nur", löst sich dann aber spätestens bei der Stimme von Lilly auf. Die erstaunlich wandelbar in den einzelnen Songs ist. "Listen to your Mama" fällt musikalisch aus dem Rest der Platte heraus, da es ein temporeicher Tanzsong ist, der mit Synthesizer und elektronischen beats daherkommt. Dank eingängiger Hookline ist dieser Song prädestiniert für eine Single-Auskoppelung.
Dafür, dass die Twenty-Something von sich behauptet: "Ich habe noch keine Ahnung, wer ich bin. Ich muss das noch herausfinden," klingt sie auf ihrem Album doch schon sehr abgeklärt und reif. Aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel und nach ihrem Studium der Political and Social Studies hat sie nun auch offenbar mehr Zeit, sich der Musik und der Ich-Findung zu widmen. Die Fans profitieren davon, denn live lässt es Lilly in diesem Jahr richtig krachen. Nicht nur, dass sie zweimal in Berlin auftritt, sondern insgesamt sind es über dreißig Konzerte, die die Würzburgerin im In- und Ausland absolviert.
AVIVA-Tipp: Die Wahl-Würzburgerin Elisabeth Brüchner kann locker mit ihren internationalen Kolleginnen wie Lana del Rey oder Daughter mithalten. Für Liebhaberinnen der handgemachten und gefühlvollen Singer-Song-Writer-Musik ist die junge Musikerin eine Offenbarung. Für alle anderen einfach nur das next big thing!
Lilly Among Clouds
Aerial Perspective
Label: PIAS
VÖ: August 2017
Lilly Among Clouds im Netz: www.lillymusic.com und auf Facebook: www.facebook.com/music.lilly
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
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